Haus Nehusweg 1 ist akut gefährdet

Wer vom Moorburger Hauptdeich in den Moorburger Elbdeich einbiegt und nach Moorburg hineinfährt der hat, kurz nachdem er die Brücke über die Bahngleise hinter sich gelassen hat den Eindruck, in eine andere, längst vergangene Zeit einzutauchen.
Es sind drei uralte, markante Gebäude, die wie ein Eingangsportal nah beieinander stehen, die diesen Eindruck erzeugen.
Zwei Fachwerkhäuser am Moorburger Elbdeich und ein Fachwerkhaus am Nehusweg, etwas tiefer gelegen, bilden diese optische Visitenkarte, die wie zur Unterstützung von einer großen, alten Kastanie flankiert wird.
Alle drei Häuser sind im Eigentum der Stadt und bedürfen dringend einer Sanierung.
Und weil Moorburg im Rahmen der Hafenerweiterungsplanung des Senats immer noch abgerissen werden soll, kann man jetzt an diesem Gebäudeensemble erkennen, wie der systematische Verfall alter, markanter Gebäudesubstanz trotz gegenteiliger Äußerungen eingesetzt wird, um diese Zerstörungsabsicht des Senats umzusetzen.
Bereits eines dieser Gebäude, Moorburger Elbdeich 143, hat ein unklares Schicksal.
Eine Sanierung ist nach Aussage der SAGA unwirtschaftlich, es ist laut SAGA für eine Wohnnutzung nicht geeignet und steht bereits seit Jahren leer. Niemand weiß, was damit letztendlich geschehen soll.
Jetzt kommt als Haus mit unklarem Schicksal das etwas tiefer gelegene Gebäude am Nehusweg hinzu, dass im Gegensatz zu den anderen Gebäuden unter Denkmalschutz steht.
Es ist eine so genannte Großkate aus dem 18. Jahrhundert und weist eine bauliche Besonderheit auf, die man in einem Dorf wie Moorburg kaum vermuten würde.
Die Giebelwand des Hauses ist um 1880 nachträglich verputzt worden und über den Fenstern des Hauses befinden sich um die Ecken gezogene Stableisten, die aus der englischen Neugotik stammen und durch Karl-Friedrich Schinkel mit dem Schlossbau in Babelsberg bei Potsdam nach Deutschland eingeführt wurden.
Das Gebäude gehörte seit mehreren Generationen der Familie Bauer, die eine vor dem Deich gelegene Mühle betrieb, die so genannte Burgmühle. Nach der Flutkatastrophe 1962 wechselte dieser Betrieb nach Hausbruch und das Gebäude am Nehusweg wurde Mitte der 1970er Jahre an die Stadt verkauft. Die Hafenerweiterungsabsichten des Senats warfen schon ihre Schatten voraus.
Vor einigen Jahren gab es einen lokal begrenzten Brandschaden im Haus, die Mieter zogen aus und seitdem steht das Gebäude leer.

Die Stadt ist Eigentümer des Gebäudes, hat es aber wie alle anderen Gebäude in Moorburg 2015 an die SAGA auf der Grundlage von Erbbaurecht für 75 Jahre verkauft.
Dies wurde laut einer Drucksache des Senats unter anderem gemacht, um die Situation für eine Instandhaltung und Sanierung der Gebäude zu verbessern.
Damit sollte für die SAGA, die bisher nur der Verwalter für die stadteigenen Häuser war, eine weitgehende Investitionssicherheit hergestellt werden.
Bisher gab es für Sanierungen nur befristete Baugenehmigungen bis zum Jahr 2035.
Das hat zur Folge, dass es eine Entschädigung für die Aufwendungen mit befristeter Genehmigung nur gibt, wenn ein Abriss durch die Stadt vor 2035 erfolgt.
Kommt der Abriss nach 2035, gibt es keine Entschädigung, weil die befristet genehmigten Baumaßnahmen nach 2035 automatisch zu Schwarzbauten werden, für die es nach dem Gesetz keine Entschädigung geben kann.
Da die Sanierungskosten durch die Mieten, die insgesamt bis 2035 gezahlt werden, zurückgezahlt sein müssen, werden die Beträge die maximal für Sanierungen aufgewendet werden, immer kleiner, weil die Zeitspanne bis 2035 immer kleiner wird.
Unter anderem um diesen Mechanismus auszuhebeln wurde der SAGA das Erbbaurecht eingeräumt und die Stadt hat sich vertraglich verpflichtet, für Investitionen auch nach 2035 eine Entschädigung zu zahlen.
Damit ist die SAGA bei dem finanziellen Umfang von Sanierungen aktuell nicht mehr der bisherigen Beschränkung unterworfen.
Es kam im Ort die Hoffnung auf, dass sich die Situation gerade für die ältere und denkmalgeschützte Bausubstanz wesentlich verbessern würde, aber diese Hoffnung stellt sich jetzt als trügerisch heraus.
Obwohl die SAGA als Erbbauberechtigte einen besseren Investitionsschutz hat und die Kosten des Brandschadens durch eine Versicherung abgedeckt sind, erklärt die SAGA, dass aufgrund der hohen Kosten eine Wohnnutzung des Gebäudes nicht in Frage kommt.
Obwohl in der Stadt dringend Wohnraum gebraucht wird und in das Gebäude mindestens zwei Maisonetten-Wohnungen eingebaut werden könnten, empfiehlt die SAGA, dass durch einen Trägerverein eine kulturelle Nutzung vorangetrieben werden könnte.

Das ist ein offenes Angebot an die kulturelle Szene im Ort, die darin vielleicht eine attraktive Möglichkeit sieht, dass Gebäude für ihre Aktivitäten kostengünstig zu nutzen.
Aber es liegt in der Natur der Sache, dass dies weder eine akzeptable Lösung für das Haus noch für den Ort ist und die Gefahr besteht, dass diese Szene benutzt wird, um einen schleichenden Verfall von Bausubstanz zu befördern, der letztendlich zum endgültigen Exitus des Ortes führen soll.
Es war in den zurückliegenden Jahren immer Teil des so genannten Sanierungsprogrammes im Ort, auch Häuser abzureißen, deren Sanierung angeblich unwirtschaftlich war.
Und da es nach Abriss keinen Neubau geben darf machen sich die unbebauten Grundstücke im Ort inzwischen optisch stark bemerkbar und das Fehlen bestimmter Gebäude hat den Ort stark verändert.
Er hat schon eine ganze Menge alter, markanter Gebäude verloren, die stark das Ortsbild prägten.
Und jetzt droht der Verlust der Gebäude, die am Beginn des Elbdeiches dieses Eingangs-Ensemble bilden.
Der Ort ist auf dem Wege seinen Charakter, seine Eigenheiten und sein Gesicht zu verlieren.

Pressespiegel

http://www.taz.de/!5061734/

http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article118763418/Trotz-Denkmalschutz-droht-der-Abriss.html

http://www.elbe-wochenblatt.de/neugraben/lokales/wird-moorburg-zugebaut-d34449.html

http://www.harburg-aktuell.de/news/vermischtes/5640-moorburg-anwohner-befuerchten-abriss-historischer-kate.html

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