Piräus ist von herausragender Bedeutung

Die von der HPA in Auftrag gegebene und jetzt vorgelegte Umschlagpotenzialprognose für den Hamburger Hafen soll die Grundlage sein für einen neu zu erstellenden Hafenentwicklungsplan.Die dort prognostizierten Container-Umschlagzahlen bis 2035 von 11 – 14 Mio. TEU können kein realistisches Ergebnis sein, weil entscheidendes bei der Untersuchung einfach ausgeblendet wurde.Die Maritime Seidenstraße und damit verbunden die Entwicklung im Hafen von Piraeus, die einen entscheidenden Einfluss auf die Rolle des Hamburger Hafens im Warenverkehr zwischen Fernost und Europa haben, werden in der Prognose nicht einmal erwähnt.Hamburg will die Realität nicht wahrnehmen und lügt sich mit dem so zustande gekommenen Ergebnis der Prognose was in die Tasche.Hier offenbart sich schon deshalb fehlerhaftes Vorgehen der beauftragten Institute und das Wunschdenken der verantwortlichen Stellen, weil es bereits mehrere Prognosen und Expertisen gibt, die auf die zukünftigen Auswirkungen der Maritimen Seidenstraße und des Hafens von Piraeus auf die Häfen der Nordrange, und damit auch Hamburg, hinweisen.Ich habe im folgenden eine kleine Auswahl von Zitaten aus diesen Unterlagen zusammengestellt…

1. „Für die europäische Hafenwirtschaft und die mit ihr befasste europäische und nationale Infrastruktur- und Hafenpolitik ist die chinesische OBOR-Initiative in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Bereits der Blick auf die Entwicklungen rund um das chinesische Engagement in Piräus verdeutlicht die möglichen Implikationen für die bestehende europäische Hafenhierarchie und die Hafenwirtschaft entlang der Nordrange:„Maritime connections linking China to the Port of Piraeus, Greece, through the Indian Ocean and Suez Canal are expected to provide an alternative to ports such as Antwerp, Belgium; Hamburg, Germany; and Rotterdam, the Netherlands, while cutting 10 days off the journey to Central or Eastern Europe“(UNCTAD 2016: 21).“Branchenanalyse Hafenwirtschaft, Hans Böckler Stiftung, 2018, S. 124

2. „The Chinese government regards the port of Piraeus in Greece as the main entry point for Chinese exports into the Southern, Eastern and Central EU, as well as the key hub for seaborne transportation across and around the Mediterranean Sea.“China, Europe and the Maritime Silk Road, Clingendael report, 2015, S. 9

3. „Nachdem Piräus im Jahr 2012 zum weltweit am schnellsten wachsenden Containerhafen avancierte, ist der Hafen im Jahr darauf in die Top 10 der größten Containerhäfen Europas aufgestiegen. Diese Entwicklung führte dazu, dass die Firma Hewlett-Packard (HP) einen Großteil seiner Logistik von Rotterdam nach Piräus verlagerte. Die in China hergestellten PCs, Drucker und die zugehörigen Teile werden von China in großen Containerschiffen nach Griechenland transportiert und von Piräus aus weiter nach Ost- und Zentraleuropa sowie in den Nahen Osten und nach Nordafrika geliefert. Mittlerweile sind mit Huawei, ZTE und Sony weitere Firmen dem Beispiel von HP gefolgt und liefern ihre Produkte über den Hafen Piräus.Aktuell investiert COSCO weitere 230 Mio. EUR in den Hafen, um die Umschlagskapazität seiner Terminals von 3,6 auf 6,2 Mio. TEU (Standardcontainer) zu erhöhen. Damit könnte Piräus in die Top 5 der europäischen Containerhäfen aufsteigen und mit den gegenwärtig dominierenden Häfen wie Rotterdam und Hamburg in einen ernstzunehmenden Konkurrenzkampf treten (van der Putten und Meijinders 2015).“Chinesische Investoren entdecken die Vielfalt Europas, GIGA-Studie, 2015, S. 4

4. „Protektionistische Maßnahmen und eine Re-Nationalisierung von wichtigen Industrien erhöhen die Handelskosten, wodurch es zu einer tendenziellen Dämpfung des internationalen Handels sowie zu einer Umlenkung von Handelsströmen kommt. Auch Projekte wie die Belt-and-Road-Initiative, auch als Neue Seidenstraße bekannt, gehören zu diesen Entwicklungen. Gerade Infrastrukturprojekte wie die Belt-and-Road-Initiative werden den Hafenwettbewerb jenseits reiner Standortbedingungen strategisch prägen, wie etwa das Beispiel Piräus zeigt.“Die Zukunft des Hamburger Hafens, HWWI, Henning Voepel, 2020, S. 10

Gunter Bonz zu den Hubs im Mittelmeer

„Frage: Laufen die Häfen der Nordrange Gefahr, Volumen an die Südhäfen zu verlieren?

Es besteht mittelfristig ein großes Risiko, dass die Adria-Häfen uns den Rang ablaufen, insbesondere Koper und Triest. Die Häfen bewegen sich bereits sehr erfolgreich am Markt und haben darüber hinaus Planungen, die Verbindungen mit der Schiene auszubauen, um ihre Zielmärkte Wien, Prag und Budapest per Bahn direkter anzubinden. Das kann uns auch nicht unberührt lassen, denn diese Region ist das angestammte Hinterland des Hamburger Hafens. Auch die Entwicklungen an den nordafrikanischen Hafenstandorten sind alles andere als beruhigend.

Frage: Das müssen Sie erklären.

Mit den immer größeren Containerschiffen gehen aufseiten der Reeder Überlegungen einher, Häfen in Nordafrika als Hubs zu entwickeln. Die Dienste könnten dann so geplant werden, dass die Schiffe nicht mehr, wie gehabt, etwa von Asien aus mehrere Häfen nacheinander anlaufen, um dann erst in Nordeuropa umzudrehen. Stattdessen könnten die Megaschiffe in dortigen Häfen entladen werden und zurückfahren, und die Ladung würde dann über kleinere Schiffe im Mittelmeerraum und in Nordeuropa verteilt. Das ginge zulasten aller Häfen der Nordrange, im Übrigen auch zulasten von Rotterdam und Antwerpen.“

Eurogate und Hapag-Lloyd planen, den Hafen von Tanger erheblich auszubauen, an dem Eurogate schon länger beteiligt ist.Dieser Hafen ist zu 90% ein Transshipment-Hafen mit einer Kapazität von 3 Mio. TEU.Dieser Ausbau soll der Entwicklung dienen, die Gunther Bonz hier beschreibt.Die Reeder der großen Schiffe auf der Fernost-Route (ab 18.000 TEU) haben ein Interesse daran, die sogenannten Skaleneffekte zu realisieren, für die diese großen Schiffe überhaupt gebaut werden.Das sind Senkungen der Transportkosten pro Container, die mit einer Zunahme der Schiffsgröße entstehen.Die Schiffe müssen nicht nur eine bestimmte Größe erreicht haben, sie müssen auch auf der Fahrt ans Ziel möglichst über die gesamte Strecke voll beladen sein, mindestens zu 80%.Erst dann können diese Einsparungen, und damit der Wettbewerbsvorteil, optimal erreicht werden.Zusätzlich von Vorteil wäre, wenn der Weg erheblich verkürzt und möglichst schnell der Rückweg angetreten werden kann um neue Container aufzunehmen.Nur neue Container bringen neues Geld.Dies alles kann erreicht werden, indem die Riesenschiffe Richtung Europa nur bis ins Mittelmeer fahren, weil erst in den nachfolgenden europäischen Häfen in größerem Umfang Ladung gelöscht wird.Und Tanger wird sich in dem Zusammenhang in steigendem Maße als Hub anbieten was unter anderem zur Folge hat, dass die Riesenpötte nicht mehr nach Hamburg hochfahren werden.Die Ladung wird bereits im Mittelmeer gelöscht und dann weiter verteilt.Die Reederei COSCO hat bereits von Piraeus aus mehrere solcher Feeder-Linien eingerichtet, die in die Nordrange-Häfen und somit auch Hamburg fahren.Neben der Maritimen Seidenstraße und der Entwicklung im Hafen von Piraeus ist ebenfalls die Entwicklung von bestimmten Mittelmeerhäfen als Hubs für den Warentransport Richtung Europa ein Aspekt, der in der neuen Umschlagpotenzialprognose für den Hamburger Hafen nicht erwähnt wird und somit zu falschen Zahlen führt.Der neue Hafenentwicklungsplan, der diese Prognose zur Grundlage hat, wird zwangsläufig zu falschen Ergebnissen führen…

https://www.dvz.de/rubriken/see/container/detail/news/gunther-bonz-draengt-auf-kooperation-des-hamburger-hafens-mit-bremerhaven.html